UTZ VERLAG. DIE ERKRANKUNG DES RAUMES

„Das Buch legt den Grundstein der modernen Architekturpsychologie“, konstatiert der Architekturkritiker und Autor Charles Jencks 2012 in seinem Vortrag am NAI (Netherlands Architecture Institute) in Rotterdam. In diesem präsentiert er seine damalige Idee einer ‚Architecture for Hope’: Therapie- und Begegnungszentren für Menschen mit einer Krebserkrankung, die allesamt von Architekturgrößen wie Frank Gehry, Rem Koolhaas, Zaha Hadid entworfen wurden und auf den megalomanen Campi den britischen Universitätskliniken trotzten. Die Initiative zu diesen ungewöhnlichen Gebäuden geht auf seine Frau, Maggie Keswick Jencks zurück, nach der die inzwischen über 30 Maggie Centers weltweit benannt sind und die selbst vor der Eröffnung des ersten Hauses verstirbt. Charles kommt mit uns in Kontakt, um die Theorie der Raumanthropodysmorphie besser zu verstehen, die wir kurz zuvor in London präsentieren. Wir übersetzen Teile unseres Buches für ihn. Er ist wie wir der Überzeugung, dass Architektur gerade im Zustand schwerer Krankheit einen positiven, vielleicht sogar heilsamen Einfluss auf Menschen ausüben kann. Doch leider ist (Extrakt aus Vollmer und Koppen, 2010): „Leid eine Raumgestalterin mit Berufsverbot. Raumanthropodysmorphie das Stichwort der Neuzeit. Was haben Narben, Krusten, Doppelmembranen mit Architektur zu tun? Was der Ruf nach Festigkeit, Nützlichkeit und Schönheit unserer gebauten Umwelt mit Psychologie? Und was, wenn morgen der am sichersten geglaubte Raum auch Ihnen keinen Schutz mehr bietet? Tausende Bücher wurden über die Beziehung von Körper und Raum geschrieben, aber keines wagte sich an diese Fragen.“ In Die Erkrankung des Raumes untersuchen wir im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts an der Akademie der Bildenden Künste in München eine der wichtigsten und zugleich unberührtesten Beziehungen unserer Zeit: Die Beziehung zu unseren Räumen im Fall des Verlustes unserer körperlichen Gesundheit. Haben wir für diesen Fall Gehäuse, in die wir schlüpfen können? Häuser, die uns mit Leib und Seele neu beheimaten, Krankenhäuser, die unsere Genesung auch psychologisch unterstützen? Bei der Beantwortung dieser Fragen unternehmen wir neben dem experimentellen Ansatz eine spannende und weitreichende Reise durch die Architektur, Psychologie, Medizin, Philosophie und Kunst. Vielleicht ist das Buch kein Grundstein moderner Architekturpsychologie aber in jedem Fall der Beginn unserer Arbeit an einer gemeinsamen Sprache von Architektur und Psychologie, die von nun an Grundstein unseres weiteren Schaffens ist.

Rezension von Manfred Gaspard: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0030-1263015